2013: trotz Verbots kräftig gefeiert

Trotz Verbots kräftig gefeiert

In Sachen Vereinsleben macht ihnen niemand etwas vor. Ihr Leben lang haben sie sich für ihren Verein eingesetzt – für den Pfingstbaumclub und Bürgerverein Achterdorp. Inzwischen sind sie allesamt über 80 Jahre alt und haben viel zu erzählen. Grund genug für den stellvertretenden Vorsitzenden Rolf Mannott, diese gestandenen Männer bei Kaffee und Kuchen an einen Tisch zu holen, um die vielen Geschichten von früher aufleben zu lassen. Uwe Stratmann

 

 

Die Achterdorper stellten ihren Pfingstbaum früher immer an der Ecke Schweier Straße/Schulkstraße auf. Auf der anderen Straßenseite, in der Gaststätte von Diedrich Dierks, wurde anschließend gefeiert. Neben dem Pfingstbaum war die großem von Fritz de Boer genähte Fahne der Stolz der Vereins.

Weest ji noch? Gerriet Bohlken setzt an zu einer Erzählung. Und sobald ein erster Name, das Jahr oder der Ort des Geschehens fallen, mischen sich die anderen ein. „Daran kann ik mi ok noch good erinnern“, sagt etwa Werner Wieting.

 

Lediglich Willy Janßen muss ein wenig passen, wenn es um Dinge geht, die sich gleich nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Achterdorp abspielten, denn er kam erst drei Jahre später aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft in seine Heimat zurück. Alfred de Boer dagegen hat alles hautnah miterleben können, ebenso Ewald Hadeler, der darüber hinaus den großen Vorteil hat, seit 1951 die Vereinschronik zu pflegen, die den Werdegang der Gemeinschaft in allen Einzelheiten festhält.

 

„So kurz nach dem Krieg wollten die Menschen endlich wieder ausgelassen und fröhlich feiern“, erinnert sich Ewald Hadeler sehr gut an den Aufbruch nach der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft. Doch sie durften nicht. Denn die britische Militärregierung führte nach der Kapitulation vom Mai 1945 eine harte Hand. Öffentliche Vergnügungen aller Art waren verboten.

 

 

Auf Bauernhof versteckt

Ihren Pfingstbaum hatten die Achterdorper zwar über die Kriegsjahre retten können – er war auf einem Bauernhof in der Nähe versteckt worden – aber gefeiert werden durfte nicht. Ein Jahr nach Kriegsende stellten die Achterdorper zum ersten Mal wieder einen Pfingstbaum auf dem Grundstück der Bäckerei Wieting auf. Die Erlaubnis dafür hatten sie bekommen. Fiern sollten sie aber nicht.

 

Weil die Achterdorper aber wussten, dass die Militärregierung nicht immer und überall ein Auge auf die Geschehnisse haben konnte, ersannen sie einen ganz einfachen Trick, über die die fünf Achterdorper Senioren noch heute mit einer gehörigen Portionen Schadenfreude schmunzeln können. Dem örtlichen Polizisten empfahlen sie, sich am Abend der Feier doch besser am anderen Ende des Ortes aufzuhalten. Das tat er dann auch brav. Die Achterdorper feixten sich eins und konnten zum ersten Mal nach dem Krieg wieder ausgiebig feiern. Vereinlokal war damals die Gaststätte von Diedrich Dierks gegenüber der Bäckerei Wieting.

 

Bei ihm wurden auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg die größten und schönsten Pfingstfeste gefeiert. Nach der Gründung des Vereins am 10. Mai 1930 wurde 1931 zum ersten Mal ein Baum aufgestellt. Doch der Verein geriet zunehmend in den Sog der Politik. Nachdem die Nationalsozialisten 1932 an die Macht gekommen waren, wurde für 1938 der Pfingstumzug durch das Dorf verboten. Auch eine Festrede durfte es unter dem Baum nicht mehr geben.

 

Ein Jahr später wurde das Pfingstfest dann ganz verboten. Stattdessen wurde der Achterdorper Baum von den Nationalsozialisten als Maibaum zweckentfremdet. Er wurde auf dem Marktplatz aufgestellt. Der Zweite Weltkrieg brachte das Achterdorper Vereinsleben dann ganz zum Erliegen.

 

1947 kam das Vereinsleben wieder richtig in Gang. Die Zeiten waren noch schlecht, doch die Gemeinschaft hielt wieder zusammen.

 

Fraglich ist, wie lange das noch sein wird. Willy Janßen ist ziemlich pessimistisch, gibt Pfingstbaumclub und Bürgerverein Achterdorp „vielleicht noch 15 bis 20 Jahre“, weil die Jugendlichen heutzutage ganz andere Interessen hätten. Es fehle der Nachwuchs, sagen auch die anderen und wissen, dass das nicht nur ein Problem bei den Achterdorpern ist.

 

 

Lob für Vorstand

Ausdrücklich loben die Männer den jetzigen Vorstand, der versuche, mit intensiver Jugendarbeit dem Trend entgegenzuwirken. So bietet der Bürgerverein, dessen Ziel es ist, „das gemeindliche Leben der Mitglieder in gesellschaftlicher und sozialer Weise zu fördern und gegenüber Dritten zu vertreten“ sowie „die Traditionen zu pflegen und zu erhalten“, schon seit Jahren Kinder- und Jugendfreizeiten am Silbersee bei Bremerhaven an und beteiligt sich im Sommer auch an den Ferienpassaktionen der Gemeinde Stadland. Kinder und Jugendliche sind ferner mit eigenen Festwagen am Umzug zur Eröffnung des Rodenkircher Marktes vertreten. Auf der neuen Internetseite des Vereins wird derzeit eine Jugendseite eingerichtet, für die der Nachwuchs selbst zuständig ist.

 

Es sei allerdings trotzdem sehr schwer, die Jugend für die Vereinsarbeit zu gewinnen, sagt Rolf Mannott. Man werde weiterhin alle Möglichkeiten nutzen, die Jugendlichen in die Vereinsarbeit einzubinden, damit der Verein auch in Zukunft einen erfolgreichen Weg beschreiten könne, hofft Rolf Mannott.